Mathias Kneißl
Der letzte Räuber des bayerischen Landes
12.05.1875 in Unterweikertshofen 21.02.1902 in Augsburg
Die
Geschichte von Mathias Kneißl, dem „Räuber Kneißl“, liest sich wie eine
Moritat. Das abenteuerliche Leben des Mathias Kneißl ist in zahlreichen Büchern,
Schriften, Liedern und Theaterstücken festgehalten worden.
Geboren wurde Mathias Kneißl 1875 in Unterweikertshofen. Der Lehrer lässt
schon früh alle Hoffnung fahren: „Ein äußerst unwilliger und unfolgsamer
Knabe“, schreibt er über den Neunjährigen, „eine Zuchthauspflanze“.
1886 erwarb der Vater des berüchtigten „Kneißl Hiasl“, Matthais Kneißl
mit seiner Ehefrau Therese, geborene Pascolini, für 9.800 Reichsmark die
Schachenmühle bei Sulzemoos. Den Dorfbewohnern ist das einsam gelegene Anwesen
am Steindlbach nicht geheuer. Angeblich dient die Schachenmühle seit jeher als
Unterschlumpf „arbeits- und lichtscheuen Gesindels“, wo ungeniert mit
Gestohlenem und Gewildertem gehandelt wird. Das Regiment führt die Mutter. Von
Recht und Gesetz hält sie nicht allzu viel. Dagegen wirkt der Vater gutmütig
und nachsichtig. Als fleißiger Handwerke verdient er den Lebensunterhalt mit
ehrlicher Arbeit – als Schreiner, Wagner und mit dem Mühlenbetrieb. 1892 wird
zum Schicksalsjahr der Familie Kneißl. Weil die Mühle kaum Gewinn abwirft und
mit der neugeborenen Therese ein siebter Mund gestopft werden will, ist in der
Schachenmühle plötzlich von der Wallfahrtskirche Herrgottsruh die Rede, wo
sich das Altarsilber doch ganz ungestört einsacken lasse. Nach vollbrachter Tat
fällt der Verdacht rasch auf die Kneißls. Die Mutter wird wegen Hehlerei
festgenommen. Der Vater kommt Stunden nach seiner Verhaftung auf den Stufen des
Dachauer Landgerichts auf ungeklärte Weise ums Leben. In der Schachenmühle
sind die fünf minderjährigen Kinder sich selbst überlassen. Niemand kümmert
sich um sie. Und der fünfzehnjährige Alois, von Haus aus aggressiv und schießwütig,
machte mit seinem Bruder Mathais und zwei weiteren Komplizen die Gegend
unsicher. Er wildert, stiehlt Obst, Hühner, ein Schaf
aber auch Geld. Zwei Gendarmen aus Odelzhausen überraschen das räuberische
Kleeblatt in der Mühle. Alois schießt die Gendarmen kaltblütig nieder. Jetzt
endlich kümmerst sich jemand um die Kinder: Die Justiz. Sie verurteilt Alois zu
14 Jahren Zuchthaus. Mathais, der zwar an einigen Raubzügen beteiligt war, aber
nicht auf die Gendarmen geschossen hat, hofft, mit zwei Jahren davonzukommen.
Doch der Staatsanwalt setzt wegen Mordversuchs, schweren Raubes und Wilderei fünf
Jahre und neun Monate durch. Als sich für Mathais Kneißl – wenige Wochen vor
seinem 24. Geburtstag – die Gefängnistore öffnen, will er seine
Vergangenheit endgültig hinter sich lassen. Er träumt von einem ehrlichen
Leben als tüchtiger Handwerker. Und tatsächlich findet er in Nußdorf eine
Anstellung als Schreiner. Der Meister ist im höchsten Maß mit seinem neuen
Gesellen zufrieden. Der Dorfgendarm aber lässt keine Gelegenheit aus, daran zu
erinnern, dass es sich bei „dem Kneißl“ um einen ehemaligen Zuchthäusler
handle. Schließlich wird der Druck so stark, dass der Meister seinen Gesellen
entlassen muss.
Da ist es irgendwann mit den guten Vorsätzen vorbei: Kneißl wird rückfällig.
Im Gasthof „Zum Neuwirt“ in Sauerlach lässt er einen Drilling mitgehen. Er
will schnell zu Geld kommen um ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten, nach
Amerika, auswandern zu können.
Bald aber muss er nahezu täglich seinen Aufenthalt wechseln. Er wird inzwischen
Steckbrieflich gesucht, seit er bei einem Raubüberfall mit einem Kompagnon
Pfandbriefe im Wert von 2.500 Mark erbeut hat.
Eines Abends bittet Kneißl in Irchenbrunn beim Rieger ("Flecklbauer“), einem
bekannten seines Vaters, um Quartier. Doch die Polizei weiß schon wenig später
Bescheid. Kneißl sitzt in der Falle. Der Zwischenfall ist eine Katastrophe:
Einer der beiden Gendarmen verblutet noch im Hausgang, dem anderen muss ein Bein
abgenommen werden. Er stirbt drei Wochen später an einer Lungenentzündung.
Mathias Kneißl entkommt unverletzt. Schon am Morgen nach der Tat hat der
Augsburger Untersuchungsrichter stattliche 1.000 Mark Belohnung auf seinen Kopf
ausgesetzt.
In Geisenhofen im Bezirk Fürstenfeldbruck hält sich Mathais Kneißl im
Aumacher-Anwesen versteckt – und die Polizei bekommt Wind davon. Schnell
werden 70 Mann zusammengezogen. Punkt 9 Uhr wird auf das Haus gefeuert und später
gestürmt. Kneißl, der sich unbewaffnet unter dem zerschossenen Dach
verkriecht, bleibt keine Chance. Von vier Polizeikugeln getroffen, bricht er
zusammen. Man bringt ihn nach München, in die Chirurgische Klinik, und führt
eine Notoperation durch. Danach sitzt er monatelang im Rollstuhl.
Als er einigermaßen wiederhergestellt ist, macht man ihm in Augsburg den
Prozess. Der schwerwiegendste Anklagepunkt lautet auf zweifachen Mord, begangen
an den beiden Gendarmen in Irchenbrunn. Dafür wird er zum Tode verurteilt.
Am Freitag, 21. Februar 1902 wurde Mathias Kneißl in Augsburg geköpft
– „zuagricht, hergricht, higricht“ kommentierte der Volksmund das Vorgehen
der Behörden.